Vita Werner Schubert-Deister

1921-1991

1921 wird Werner Schubert in Hachelbich bei Sondershausen (Thüringen) geboren. Seine künstlerische Begabung zeigt sich zunächst in der Musik. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges besucht er die Musikschule in Bad Frankenhausen, dann wird er zur Wehrmacht eingezogen. Als Fallschirmjäger wird er gegen Ende des Krieges schwer verwundet und gerät in Kriegsgefangenschaft.

Er kehrt 1946 mit bleibender körperlicher Behinderung in seine Heimat zurück und setzt seine musikalischen Studien an Klavier und Kontrabass am traditionsreichen Sondershäuser Konservatorium fort. Er malt und zeichnet „nebenher“, ausdrucksstark, urwüchsig. Prof. Elisabeth Voigt, einst Meisterschülerin bei Käthe Kollwitz, erkennt die außergewöhnliche Begabung und fördert das Talent mit großer Einfühlsamkeit.

Mit dem Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 brechen für Werner Schubert die Beziehungen zu der Welt ab, in der er sich künstlerisch beheimatet fühlt. Er ist seit den frühen 50er Jahren Mitglied im Verein (West-) Berliner Künstler und zeitgleich im Verband Bildender Künstler der DDR. Dem Diktat des sozialistischen Realismus beugt er sich nicht, zu simpel sei diese Ausdrucksform, um das Leben in all seiner Komplexität darstellen zu können. Er kämpft für die Unversehrtheit seiner Identität, entwickelt zurückgezogen seinen eigenen Stil – der Preis dafür ist der Ausschluss vom offiziellen Kunstbetrieb der DDR, deren Regime Stil und Ästhetik seiner Werke ablehnt. Es entstehen Tafelbilder, Aquarelle, Zeichnungen, Grafiken; sogenannte „Schubladenprojekte“, für die kaum Präsentationsmöglichkeiten in der DDR eingeräumt werden.

Werner Schubert bleibt der Musik treu und ist, auch zur Sicherung seiner sozialen Existenz, zeitweilig als Musiker tätig. Seine musikalische Leidenschaft reicht von den Orgelwerken Johann Sebastian Bachs über den amerikanischen Swing bis hin zur Tonkunst von Karl-Heinz Stockhausen.

In den 60er Jahren – nun im thüringischen Friedrichroda ansässig – wendet sich der Künstler verstärkt der Bildhauerei zu, in die ihn ebenfalls Prof. Voigt in Leipzig eingeführt hatte. Aufträge des Erfurter Dombaubüros sichern ihm über Jahre hinweg seine materielle Existenz. Er schafft sakrale bildhauerische Werke für das Generalvikariat und für den Erfurter Mariendom und prägt mit seiner Kunst einige katholische Kirchen und Klöster Thüringens.

Neben den Gestaltungen von Sakralräumen schafft er auch Kunst am Bau. Es enstehen neue Häuserfassaden, die das Stadtbild Friedrichrodas nachhaltig prägen, und Kompositionen bildhauerischer Arbeiten in Gaststätten. Schnell werden Architekten auf das Schaffen des Künstlers aufmerksam und bieten ihm Aufträge an Objekten jenes Staates an, der seine bildkünstlerische Arbeit missachtet.

Mit seiner zweiten Eheschließung im Jahr 1972 – er nennt sich fortan Schubert-Deister – und der Geburt seiner ersten beiden Kinder sieht er sich aus materiellen Gründen gezwungen, diese Aufträge anzunehmen. Leise protestierend nutzt er diese Aufträge auch, um christliche Symbole in seiner Arbeit an staatlichen Bauten zu verstecken.

Als in den 70er Jahren Freunde und Verwandte aus dem Westen Bilder des Künstlers – mit Duldung des DDR-Zolls – in die Bundesrepublik mitnehmen und vier erfolgreiche Ausstellungen gestalten, erhält Schubert-Deister starken Auftrieb. Die Ernüchterung kommt 1979, als seine westdeutschen Förderer bei der Einreise an der Grenze verhaftet werden. Zwei Monate werden sie gefangengehalten, um so die Rückführung der in die Bundesrepublik ausgeführten Bilder zu erpressen. Als Strafe dafür, dass Schubert-Deister sich die Anerkennung, die ihm die DDR versagt hatte, im Westen geholt hatte, zieht die Staatsanwaltschaft per Strafbefehl die gesamten Ersparnisse der Familie ein. Die in die DDR zurückgeführten 177 Bilder sind zum großen Teil bis heute verschollen.

1978 ordnet der Leiter des Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes im thüringischen Gotha die Zerstörung seiner Kunst an. Im Auftrag des Betriebes hatte Werner Schubert-Deister einen Raum in monatelanger Arbeit bildhauerisch gestaltet, bis dieser über Nacht in den Rohbauzustand zurückversetzt worden war. Als Konsequenz aus Drangsalierung, Demütigung und künstlerischer Einengung stellt der verbitterte Künstler 1981 den Antrag auf Entlassung aus der DDR-Staatsbürgerschaft.

Nach fünf Jahren staatlicher Willkür, die nach einer Anklage der DDR vor der UN-Menschenrechtskommission ihren Höhepunkt findet, ermöglicht 1986 eine Fürsprache von Willy Brandt bei Erich Honecker die Ausreise. Der Künstler darf mit seiner Frau, seinen drei Kindern und seinen „Schubladenprojekten“ die DDR verlassen. Er siedelt sich in Borsum bei Hildesheim/Niedersachsen an. In der Bundesrepublik stellt er mehrfach aus. Den großen künstlerischen Durchbruch schafft Werner Schubert-Deister im Westen nicht mehr. Nach schwerer Krankheit stirbt er 1991 in seiner Wahlheimat.

21.07.1921   geboren in Hachelbich/Thüringen.

1937-1940   Studium an der Musikhochschule Bad Frankenhausen.

1940-1945   Soldat. Verwundung. Seither dauernde Behinderung.

1946-1947   Fortsetzung des Musikstudiums in Sondershausen und Weimar.

1950-1952   Besuch der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Schüler von Frau Professor Elisabeth Voigt (Käthe Kollwitz-Schülerin).

1952-1986   wohnhaft in Friedrichroda/Thüringen. Freiberufliche Tätigkeit (Malerei und Grafik).

seit 1960   verstärkte Hinwendung zur Plastik. Sakrale Arbeiten in diversen Kirchen der DDR.

seit 1979   Repressionen von Seiten der DDR-Behörden.

1981   Erster Ausreiseantrag.

1986   Nach Intervention durch die UN-Menschenrechtskommission erfolgt eine Ausreisegenehmigung. Übersiedlung mit Frau und drei Kindern nach Borsum bei Hildesheim/Niedersachsen.

14.01.1991   verstorben in Borsum.