Verband Bildender Künstler zu Atelierbesuch - Protokoll

Bezirksvorstand Erfurt - 28.10.1981

Im Zuge der planmäßigen Atelierbesuche in Vorbereitung der IX. Kunstausstellung reisten die Kollegen Heiland, Terber, Wagner und Enge sowie Koll. Bothe am 16.10.1981 nach Friedrichroda zum Koll. Werner Schubert-Deister.

Ausgelöst wurde dieser Besuch aber erst durch die Information seitens des Rates des Bezirkes, wonach Schubert-Deister einen Ausreiseantrag nach der BRD gestellt hat, u.a. mit der angeblichen Begründung der fehlenden Betreuung und Aufmerksamkeit seitens der Verbandsleitung. Kollege Schubert-Deister stellte sein Werk vor, welches sich in 2 Komplexen, 1. einem grafischen und malerischen sowie 2. dem plastischen Teil darbot.

In der Grafik und Malerei setzt der Autor in gültiger und überzeugender Weise Werke des Weltmusikschaffens der Vergangenheit und Gegenwart um. Die uns gezeigten Ergebnisse sind begreiflicherweise das Resultat seiner analytisch-schöpferischen Auseinandersetzung mit der Musik.
Die Kompromißlosigkeit der formalen Lösungen, verbunden mit einer unentwegten Experimientierfreude sichern seinen Arbeiten Authentizität und Zeitbezogenheit. Schade, daß sein Vorhaben einer Werkstattausstellung in der Kunsthalle Weimar in Bezug zur Musikhochschule Franz Lisst aus Termingründen abgelehnt wurde und dafür nur die Kleine Galerie in Weimar des Kulturbundes der DDR am Goetheplatz [Ergänzung: welche nie zustandegekommen ist].

Im Bereich der plastischen Arbeiten offenbarte sich uns der Autor an der Anschauung zweier von ihm im Detail gestalteten Gaststätten als Eigenständigen, in der Hauptsache die Materialien Holz und Beton beherrschenden Gestalter, dessen überschäumender Ideenreichtum, Fabulierlust und Humor sowie die gediegene Ausführung überraschen und man nur bedauern kann, daß bis jetzt für den Künstler in diesen so wichtigen gesellschaftlichen Kommunikationsbereich noch keine für ihn komplex zu gestaltenden Objektaufträge zu verzeichnen sind. Werner Schubert-Deister offenbarte sich uns als intensiv und rastlos arbeitender Mann mit einem eindeutigen künstlerischen Programm.

Dieser Eindruck stand in krassem Gegensatz zum Persönlichkeitsbild, das die Anwesenden auf Grund von Schilderungen und „Geschichten“ Dritter mitbrachten. An dieser Stelle bereits erwies sich der eingangs erwähnte Vorwurf als berechtigt. Die dann erfolgte Besichtigung der zwei Arbeitsräume des 60-jährigen Kollegen im Hinterhof einer Fleischerei in der Hauptstraße 13 war für alle unbeschreiblich niederschmetternd.
Es ist schon unverständlich genug, daß trotz der jahrelangen Kenntnis einiger Verbandskollegen von diesen Zuständen nichts in Richtung Hilfe und Unterstützung wirksam geworden ist. So ist die Tatsache, daß unter den Augen der örtlichen staatlichen Organe von Friedrichroda 30 Jahre lang ein eingeschriebenes Mitglied des VBK der DDR in einem Objekt arbeitet, dessen Beschaffenheit in kaum einem Punkt den gesetzlich festgelegten Parametern für die Haltung von Nutztieren entspricht, erst recht unbegreiflich und empörend. Hier die Frage nach den Ursachen des Zustandekommens des o.g. Ausreiseantrages zu stellen, ist absolut müßig.

Hier geht es um die namentliche Benennung von Personen, die die Gründe des Ausreiseantrages zu verantworten haben. Angesichts des Falles Schubert-Deister sind die unterzeichnenden Mitglieder der Leitung des VBK-DDR, Bezirksvorstand Erfurt, gehalten, mit allem Nachdruck von den zuständigen Verantwortlichen des Rates der Stadt Friedrichroda, namentlich vom Bürgermeister, eine sofortige Änderung, d.h. eine Normalisierung seiner Produktionsstätten zu verlangen.

gez. Eberhard Heiland
gez. Siegfried Terber
gez. Werner Wagner
gez. Erich Enge